Mit Gottfried von Einems Dantons Tod gibt die finnische Dirigentin Susanno Mälkki ihr Staatsopern-Debüt. Im Interview erzählt die Wahlpariserin von ihrer Passion für zeitgenössische Musik.
Kompetent und kommunikativ: Das ist der erste Eindruck, den man von Susanna Mälkki gewinnt. Sie kommt gerade von der Probe und ist noch emotional aufgewühlt von der großartigen Musik”. Sie liebt es in Wien zu sein und freut sich, nach der Premiere voll in die Kulturszene der Stadt eintauchen zu können. Susanna Mälkki ist eine der wenigen Stardirigentinnen. In ihrer Familie gab es keine Profimusiker, aber Musik war immer präsent. Sie war drei Jahre Solo-Cellistin der Göteborger Symphoniker, ehe sie an die Hochschule in Helsinki zurückkehrte, um Dirigieren zu studieren. Inzwischen ist sie Chefdirigentin des Helsinki Philharmonie Orchestra und dirigiert die großen Orchester der Welt. Sie war Musikdirektorin des von Pierre Boulez gegründeten Ensembles InterContemporain, mit dem sie viel zeitgenössische Musik zur Uraufführung brachte. Sie lebt heute in Paris.
wienlive: Wie alt waren Sie, als Sie zu musizieren begannen?
SUSANNA MÄLKKI: Ich konnte singen, bevor ich sprach und begann sehr jung mit dem Geigenspiel, hörte aber bald auf. Mit acht entdeckte ich in der Musikschule das Cello für mich. Es war Liebe auf den ersten Blick. Ich spielte Klavier,als ich gerade die
Tasten erreichen konnte. Musik hat mich magisch angezogen.
“Der Dirigent soll helfen und nicht im Weg stehen.” – Susanna Mälkki
Wann kamen Sie auf die Idee zu dirigierene?
MÄLKKI: In der Musikschule spielte ich in Trainingskursen für Dirigenten und konnte sehen, wie sie arbeiten. Als ich die Chance bekam zu dirigieren, wusste ich sofort,
dass ich das unbedingt machen wollte. Alles passierte ganz natürlich, der Beruf hat mich ausgewählt, und nicht so sehr ich den Beruf. Ich liebe es, Teil des großen Orchesterklanges zu sein, mit der Polyphonie und der Interaktion. Für mich ist ein Orchester eine Art Superinstrument.
Hilft Ihnen Ihre Erfahrungals Orchestermusikerin beim Dirigieren?
MÄLKKI: Ganz sicher, aus vielen Gründen. Es ist wichtig, eine gute Musikausbildung zu haben, weil man so viel über Musik erfährt, wenn man ein Instrument lernt. Man lernt auch, aufDetails zu achten und verschiedene Ausdrucksweisen. Das ist die Basis. Als Dirigent arbeitet man dann mit den einzelnen Musikern und versteht, was sie brauchen. Als Dirigent muss man klar kommunizieren, was man möchte, und den Musikern ermöglichen, ihr Bestes zu geben. Es ist eine Zusammenarbeit.
Sie gelten als Spezialistin für Neue Musik selbst Ihre Schwerpunkte?
MÄLKKI: In meinen Anfängen habe ich sehr viel zeitgenössische Musik gemacht, aber als Cellistin liebe ich natürlich auch Dvorak, Brahms und Beethoven. Das ist keine Frage von entweder oder”, jeder Musiker sollte alles können. Ich finde es faszinierend, verschiedene Musikstile auszuprobieren, weil man immer in eine andere Gefühlswelt eintaucht. Es sind verschiedene Welten, wenn man Musik aus der Romantik oder Zeitgenössisches spielt.
Was ist das Schöne an Ihrem Beruß
MÄLKKI: Meine Leidenschaft ist die Musik. Man wächst mit der Musik auch als Mensch. Wenn man nach einigen Jahren ein Stück wieder in die Hand nimmt, entdeckt man wieder
neue Perspektiven und entwickelt ein neues Verständnis.
Was sind die besonderen Herausforderangen bei “Dantons Tod”?
MÄLKKI: Es gibt viele Anspielungen aufverschiedene Stilrichtungen. Ich bin sehr glücklich, dass wir dieses tolle Werk spielen. Es ist sehr gut geschrieben und kompakt, und wir müssen die Geschichte mit der Musik effizient erzählen es gibt nicht viel Text. Von Einem sagt sehr viel in kurzer Zeit. Wir müssen die speziellen Momente einfangen. Ich liebe diese Oper mehr und mehr. Wir entdecken alle gemeinsamdie fantastische Qualität.
Wie ist Ihr Arbeitsstil?
MÄLKKI: Meine Rolle besteht darin, dem Orchester die Oper näherzubringen und die Stilwahl zu erleichtern. Bei dieser Oper aus dem 20. Jahrhundert muss man manches im Stil des späten 18. Jahrhunderts spielen. Die Akzente sind verschieden. Es ist auch sehr wichtig, dass man gut mit dem Regisseur zusammenarbeitet. Je komplexer die Sache ist, desto mehr muss man auf die kleinen Details achten. Die Logik und die Stimmung der Musik müssen sich durchziehen, vom Chor bis zum Orchester müssen alle die gleiche Sprache sprechen, das liegt auf den Schultern des Dirigenten.